Elektronklumpen oder prämonetäres Zahlungsmittel?

Griechische Münzen des Altertums

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Elektronklumpen oder prämonetäres Zahlungsmittel?

Beitrag von Andechser » Fr 22.12.23 17:36

Hallo zusammen,
mir ist dieses Jahr das folgende Stück zugelaufen:
Elektronhemistater_Fälschung_av.jpg
Elektronhemistater_Fälschung_rv.jpg
Das Stück wiegt 7,9g und hat einen Goldanteil von ca. 60%, der Rest ist Silber und ein geringer Anteil Kupfer. Ich frage mich nur, ob das einer der vormünzlichen Elektronkleinbarren sein könnte, oder ob es sich um etwas anderes handelt. Vom Gewicht her entspräche das Stück wohl ungefähr einem Hemistater nach dem Gewichtsstandard von Kyzikos, wenn ich das richtig gelesen habe, allerdings konnte ich keine solchen Kleinbarren im Gewicht eines Hemistaters in Museumssammlungen oder bei acsearch oder Sixbid finden, weswegen ich aktuell etwas ratlos bin.

Beste Grüße
Andechser

[Edit: Habe die Bilder durch bessere Bilder ausgetauscht.]
Zuletzt geändert von Andechser am Fr 22.03.24 17:21, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: Elektronklumpen oder prämonetäres Zahlungsmittel?

Beitrag von Numis-Student » Fr 22.12.23 18:06

Hallo,

ich habe das mal zu den Griechen verschoben, weil es ja, wenn es eine Münze (prämonetäre Münze ;-) ) sein sollte, im weitesten Sinne aus der griechischen Welt stammt.

Schauen wir mal, was unsere "Griechen" dazu sagen. Mene Meinung behalte ich erstmal für mich, um die anderen nicht zu beeinflussen - aber Du kennst sie ja bereits ;-)

Schöne Grüße,
MR
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Re: Elektronklumpen oder prämonetäres Zahlungsmittel?

Beitrag von rati » Sa 23.12.23 06:50

wenn man das erste Bild um 180 Grad dreht, sieht man dann einen Kopf ?
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Re: Elektronklumpen oder prämonetäres Zahlungsmittel?

Beitrag von Andechser » Sa 23.12.23 07:25

Leider nein, aber im ersten Moment meinte ich sogar eine Löwenprotome zu sehen, aber da ist wirklich nichts, was auf ein Prägebild hindeuten würde.

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Re: Elektronklumpen oder prämonetäres Zahlungsmittel?

Beitrag von Altamura2 » Sa 23.12.23 12:16

Andechser hat geschrieben:
Fr 22.12.23 17:36
... und hat einen Goldanteil von ca. 60%, der Rest ist Silber und ein geringer Anteil Kupfer. ...
Woher weißt Du das denn?
Andechser hat geschrieben:
Fr 22.12.23 17:36
... Ich frage mich nur, ob das einer der vormünzlichen Elektronkleinbarren sein könnte, oder ob es sich um etwas anderes handelt. ...
Ich fürchte, das kann man nicht so genau sagen :| .

In zwei etwas aktuelleren Artikeln findet man ein bisschen etwas an Informationen dazu:
Michael Kerschner und Koray Konuk, "Electrum Coins and Their Archaeological Context: The Case of the Artemision of Ephesus"
https://www.academia.edu/41653289/Elect ... of_Ephesus
und Haim Gitler et al., "XRF Analysis of Several Groups of Electrum Coins":
https://www.researchgate.net/publicatio ... trum_Coins
beide in Peter van Alfen und Ute Wartenberg (Hrsg.), "White Gold: Studies in Early Electrum Coinage", New York, Jerusalem 2020

Kerschner und Konuk beschreiben zunächst den Artemision-Hort aus Ephesos, in dem neben vielen geprägten frühen Elektronmünzen auch ein Exemplar dieser ungeprägten Stücke gefunden wurde. Beschrieben wird dieses auf Seite 95 unter der Nummer 1, bezeichnet wird sie mit "This piece is not, strictu sensu, a coin ...", da es eben keine Prägung aufweist.
In Abschnitt 4.2 ab Seite 111 werden weitere kleine Elektronklümpchen beschrieben, die in oder um das Artemision gefunden wurden. Es wird offen gelassen, ob es sich sozusagen um Barren oder um Schrötlinge für dann doch nicht geprägte Münzen handelt.
Die beschriebenen Stücke sind aber alle deutlich leichter als das hier vorgestellte.

Bei Gitler et al. werden Elektronmünzen verschiedener Serien aus verschiedenen Zeiten auf ihre Metallzusammensetzung hin untersucht. Ungeprägte Elektronstücke befinden sich allerdings keine darunter.
Auf Seite 382 wird unter den Nummern 2 bis 7 das Ergebnis für eine Serie von Münzen mit geriefter Oberfläche dargestellt. Es gibt hier als Nominal auch einen Hemistater, der mit 7,21 Gramm zur Größenordnung des Stücks hier passt und einen ebenfalls passenden Goldgehalt von 60,23 % aufweist.
Generell gilt inzwischen auch als gesichert, dass die Legierung der frühen Elektronmünzen gezielt gemischt wurde, und nicht, wie man früher glaubte, dem Fundzustand von gewaschenem Flussgold entspricht.

Heißt für den Fall hier: Legierung, Gewicht und vielleicht auch die Form würden zu einem Schrötling für einen Hemistater passen, dass es das aber auch war, ist nicht zwingend :? .
Genau genommen wissen wir ja nicht einmal, ob das Stück hier wirklich antik ist :| . Die Oberflächenstruktur sieht schon etwas seltsam aus.
Numis-Student hat geschrieben:
Fr 22.12.23 18:06
... Mene Meinung behalte ich erstmal für mich, um die anderen nicht zu beeinflussen ...
Da hast Du Dich jetzt aber elegant aus der Affäre gezogen :D .

Gruß

Altamura
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Re: Elektronklumpen oder prämonetäres Zahlungsmittel?

Beitrag von Andechser » Sa 23.12.23 12:53

Altamura2 hat geschrieben:
Sa 23.12.23 12:16
Andechser hat geschrieben:
Fr 22.12.23 17:36
... und hat einen Goldanteil von ca. 60%, der Rest ist Silber und ein geringer Anteil Kupfer. ...
Woher weißt Du das denn?
Die Angaben stammen vom Verkäufer, bzw. einer Analyse mit einer recht ungenauen RFA-Pistole, die eigentlich für Stahllegierungen genutzt wird und eine Goldschmiedin hat gemeint, dass die Zusammensetzung nach der Farbe auch zu vermuten sei.
Die beiden Aufsätze kenne ich sogar schon und habe auch bereits den Band King Croesus' Gold von Ramage und Craddock zu Rate gezogen, bin aber in Bezug auf dieses Stück nicht wirklich schlauer geworden. Mein Problem ist, dass ich einfach kein Belegstück für einen Hemistater nach dem schwereren Gewichtsstandard finden kann. Ich finde wenn dann immer nur vollwertige Statere mit ca. 16g.
Numis-Student hat mir zum Kauf dieses Stücks geraten, nachdem ich es bei einem Händler entdeckt hatte.

Beste Grüße
Andechser

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Re: Elektronklumpen oder prämonetäres Zahlungsmittel?

Beitrag von Numis-Student » Sa 23.12.23 13:36

Altamura2 hat geschrieben:
Sa 23.12.23 12:16
.
Numis-Student hat geschrieben:
Fr 22.12.23 18:06
... Mene Meinung behalte ich erstmal für mich, um die anderen nicht zu beeinflussen ...
Da hast Du Dich jetzt aber elegant aus der Affäre gezogen :D .

Gruß

Altamura
Wir hatten schon mehrfach über das Stück gesprochen/geschrieben.

Der Preis war damals nur knapp über dem reinen Edelmetallwert, so dass ich den Kauf nicht als großes Wagnis sehen würde.

Gerade Deine unbeeinflusste Meinung war mir wichtig. Ich gebe zu: nachdem es auch diese geriffelte Serie ohne Münzbilder gibt und Karwiese auch Bilder solcher bohnenförmiger Schrötlinge, Kleinbarren oder "Protomünzen" gezeigt hatte, halte ich das Stück auch für ein Exemplar aus dieser Gruppe. Auch, wenn jetzt kein Exemplar des Hemistaters in irgendwelchen Sammlungen publiziert ist...

Besser ? :D

Schöne Grüße
M
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Re: Elektronklumpen oder prämonetäres Zahlungsmittel?

Beitrag von Rambo » Sa 23.12.23 14:57

Hallo,
es ist ein interessantes Stück, aber ob es echt ist, ist leider nicht so einfach zu sagen. Die Materialzusammensetzung für Gold, Silber und Kupfer reicht nicht aus, um auf die Echtheit zu schließen. Es geht auch um andere Legierungsbestandteile und Spurenelemente, die auf antikes Gold schließen lassen. Dazu benötigt man eine genauere RFA-Analyse. Daneben könnte auch eine Leitfähigkeitsmessung Aufschluss geben. Durch Alterungseffekte im Materialgefüge bzw. in den Kristallstrukturen ergeben sich Abweichungen zu modernen Legierungen. Man müsse aber ein ähnliches Vergleichsstück haben.

Das Gewicht könnte auf einen Hemistater schließen. Es gibt neben dem "Lydo-Milesian Standard" (Stater ca. 14 - 14,2 g) auch den "Euboic-Samian Standard" (Stater ca. 17 g). Vom letzteren Gewichtsstandard existieren auch Hemistater. Trotzdem wäre meiner Meinung nach eine Abweichung von ca. 0,6 g etwas zu viel. Passen könnte es zu einem "Phokaian Standard" (Stater ca. 16 g).

VG
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Re: Elektronklumpen oder prämonetäres Zahlungsmittel?

Beitrag von Andechser » Sa 23.12.23 15:41

Wenn ich nach den von Altamura genannten Aufsätzen und dem Band King Croesus' Gold gehe, könnten auch Spurenelemente kaum einen Nachweis zulassen, da auch den Stücken aus den Artemisionfunden oft die nachweisbaren Spurenelemente an der Oberfläche fehlen.
Die Leitfähigkeitsmessung klingt interessant, aber hast du da einen Beleg, dass sich die Leitfähigkeit einer älteren Legierung bei gleichen Legierungsbestandteilen von einer modernen Legierung unterscheidet? Das würde mich wirklich brennend intressieren, da ich dazu noch nie etwas gelesen habe.

Beste Grüße
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Re: Elektronklumpen oder prämonetäres Zahlungsmittel?

Beitrag von bruzzel » Di 16.01.24 10:19

Das könnte auch ein Schrötling für einen keltischen Stater sein.
Zusammensetzung der Legierung und das Gewicht würden passen.
VG
bruzzel
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Re: Elektronklumpen oder prämonetäres Zahlungsmittel?

Beitrag von Andechser » Mo 04.03.24 11:23

Jetzt habe ich, dank einer genaueren RFA, Gewissheit. Der Klumpen entspricht dem 585er Gold Mitte des 19. Jahrhunderts und kann wegen des Zinkanteils von knapp 1,4% nicht vor 1836 entstanden sein.

Beste Grüße und vielen Dank an alle
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Re: Elektronklumpen oder prämonetäres Zahlungsmittel?

Beitrag von andi89 » Mo 04.03.24 13:11

Willst du uns auch verraten, was neben 58 % Gold und 1,4 % Zink noch alles drinnen ist?
"...nam idem velle atque idem nolle, ea demum perniciosa amicitia est." (frei nach C. Sallustius Crispus)

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Re: Elektronklumpen oder prämonetäres Zahlungsmittel?

Beitrag von Andechser » Mo 04.03.24 13:30

57% Gold
29,1% Silber
12,5% Kupfer
1,4% Zink
Das waren die gerundeten Werte der RFA.

Beste Grüße
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Re: Elektronklumpen oder prämonetäres Zahlungsmittel?

Beitrag von Altamura2 » Mo 04.03.24 19:38

Andechser hat geschrieben:
Mo 04.03.24 11:23
... und kann wegen des Zinkanteils von knapp 1,4% nicht vor 1836 entstanden sein. ..
Dann ist das Rätsel ja gelöst, wenn auch in die weniger spannende Richtung :? .
Obwohl, wer das wann genau und warum produziert hat, wäre vielleicht auch spannend :D (werden wir aber wohl nie klären können :| ).

Gruß

Altamura
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